Eine neue Waffe gegen Raubkopierer by Tagesspiegel
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1992 December 6
- Text / Mainstream news
Eine neue Waffe gegen Raubkopierer
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Hersteller der Software setzen auf das
novellierte Urheberrecht / von Thomas
Magenheim-H”rmann
Auf das jahrelange Z„hnefletschen der
Software-Industrie sollen 1993 kr„ftige
Bisse folgen. Im Zentrum einer weltweiten
Kampagne der internationalen Standes-
vertretung Business Software Alliance
(BSA) gegen Raubkopierer stehen jetzt
illegale Computer-Mailboxen. Vor kurzem
bekamen das erstmals auch 13 deutsche
Mailbox-Betreiber zu sp�ren.
Da stellte die Berliner Polizei bei einer
Durchsuchung 25 Personal Computer und
�ber 250 verschiedene Raubkopien mit einer
Speicherkapazit„t von mehr als 6 Gigabyte
sicher. Die Branche reagierte mit Befriedigung,
aber auch šberraschung. Denn unter der
beschlagnahmten Ware fanden sich Programme,
die die Hersteller noch gar nicht auf dem
deutschen Markt anbieten. Das deutet auf
eine internationale Vernetzung der Raubkopierer.
Sie werden die Software-Produzenten 1992
weltweit einen gesch„tzten Umsatz von 15
Mrd. DM kosten, ein Drittel davon in Europa.
Was der Branche jedoch Zuversicht f�r die
geplante Jagd auf kommerzielle Programmh„ndler
und ihre Plagiate gibt, ist die Novellierung
des Urheberrechts in Deutschland Anfang 1993.
Die alte Rechtsprechung ist tot", sagt der
M�nchener Software-Experte und Jurist Michael
Lehmann. Mit der Gesetzes„nderung w�rde die
Masse der Computerprogramme, auch r�ckwirkend die
vor 1993 erstellten, im Schutzrecht auf die
Ebene anderer Sprachwerke gestellt. Mit
der Materie befa▀te Richter h„tten bereits
signalisiert, da▀ Raubkopierer mit Gef„ngnis-
strafen von bis zu f�nf Jahren und Scha-
densersatzanspr�chen zu rechnen h„tten.
Bislang gibt es nach Auskunft von Soft-
ware-Rechtlern in Deutschland kein einzi-
ges Programm, dem einmal ein urheber-
rechtlicher Schutz zugesprochen worden
ist. Nach einem Grundsatzurteil des Bundes-
gerichtshofs aus dem Jahr 1985 mu▀ ein
Programm dazu eine uberdurchschnittli-
che Schaffensh”he aufweisen. Dieses Kri-
terium soll es ab 1993 nicht mehr geben.
Beim Schlag gegen die Berliner Mail-
box-Piraten wurden auch 250 Nutzer iden-
tifiziert und, was wichtiger ist, �ber 100 an-
dere Mailboxen in ganz Europa. BSA-Europaanwalt
Brad Smith: "Wir sind fest entschlossen, alle
illegalen Mailboxen aus dem Markt zu entfernen".
60 bis 70 Prozent und damit die gro▀e Masse
der Raubkopien werden in Unternehmen, bei
Versicherungen und Banken gezogen. Im Falle
dieser Gro▀kunden gibt sich die Branche
aber sanft und setzt nicht auf Gerichte,
sondern "Aufkl„rung", wie es der Verband
der Software-Industrie Deutschlands (VSI)
nennt. Die Gro▀en l„▀t man laufen, die
Kleinen h„ngt man, sagen Kritiker dazu.
Sie fordern Razzien auch bei Adressen wie
der Deutschen Bank.
Den Zahlen nach ist Europa und vor al-
lem Deutschland ein Eldorado f�r Soft-
ware-Kriminalit„t. Das gesch„tzte Scha-
densvolumen durch Raubkopien bietet mit
0,5 bis 1,3 Mrd. DM dem gesamten diesj„h-
rigen Umsatz der hiesigen Software-Pro-
duzenten von 1,1 Mrd. DM die Stirn. Zwei
Drittel aller laufenden Programme in Eu-
ropa sind illegal in den Umlauf gebracht.
Falls auch die neue Runde im Kampf ge-
gen Software-Piraten keinen Erfolg bringt,
bliebe nur noch ein Weg. Wie bei Video
und Schallplatten m�▀ten die Umsatzver-
luste dann in die Ger„tepreise �ber eine
Abgabe verrechnet werden.
((Tagesspiegel, 6.12.1992))